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Überschuldeten den Zugang zur Schuldnerberatung sichern

Aktionswoche Schuldnerberatung steht unter dem Motto „Weg mit den Schulden“

Minden, 4.6.2018 (cpd) – „Weg mit den Schulden!“ lautet das Motto der aktuellen Aktionswoche Schuldnerberatung vom 4. bis 8. Juni. Daran beteiligt sich auch die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstelle des SkF Minden. Unterschiedliche Gründe seien ausschlaggebend, dass Menschen sich ver- bzw. überschulden, sagt Matthias Nolte, Fachberater für Schuldnerberatung Als Hauptgründe gelten weiterhin der Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit und Scheidung – und nicht wie häufig vermutet unwirtschaftliche Haushaltsführung oder unkontrolliertes Konsumieren. „Damit Menschen aus den Schulden herauskommen, ist ein Maßnahmenbündel notwendig“, erklärt der Experte. „Neben der persönlichen Anstrengung des Schuldners müssen aber auch die staatlichen Rahmenvorgaben stimmen.“ Die nicht ausreichende Höhe von Sozialleistungen sowie Schwierigkeiten bei der Bearbeitung von Antragsformularen seien nicht selten Grund dafür, dass Menschen sich Geld im Bekanntenkreis leihen oder Schulden machen.

Der Erfolg von qualifizierter Schuldnerberatung wird heute nicht mehr angezweifelt. Die Beratung, die auf jeden Rat- und Hilfesuchenden individuell ausgerichtet wird, verhilft vielen Überschuldeten zu einem neuen wirtschaftlichen Start. Dabei greift ein Bündel von Interventionsmaßnahmen ineinander. Denn: „Ratsuchende haben häufig nicht mehr die Kraft, dem Schuldenberg zu entrinnen, der sich über Jahre aufgebaut hat“, sagt Matthias Nolte. „Vor allem, wenn der Versuch schon mehrmals gescheitert ist, die Überschuldung selbst wieder in den Griff zu bekommen.“

„Sehr bedauerlich“ sei, dass Überschuldeten zunehmend der Zugang zur kostenlosen Schuldnerberatung verwehrt werde, kritisiert Nolte. Meistens dürfen nur noch die Menschen beraten werden, deren Einkommen sich in der Höhe der Hartz-IV-Leistungen bewegt. Überschuldete Menschen mit einem Arbeitseinkommen haben nur noch in Ausnahmefällen einen freien Zugang zur umfassenden Sozialen Schuldnerberatung. Problematisch ist, dass Menschen in ihrer Notlage dann gewerbliche Schuldnerberater kontaktieren, die nicht selten das eigene wirtschaftliche Interesse in den Vordergrund stellen und sich weniger für die Interessen der Überschuldeten stark machen. Eine Entschuldung rückt damit in der Regel in weite Ferne.

Deshalb fordert die Caritas den Bundestag auf, einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung unabhängig vom Einkommen der Betroffenen im Recht zu verankern. „Damit wäre der Zugang zur Sozialen Schuldnerberatung für alle möglich. Es kämen mehr Menschen aus den Schulden heraus und würden nicht Gefahr laufen, z. B. den Arbeitsplatz aufgrund von Lohnpfändungen zu verlieren“, sagt Birgit Pachur, Fachberaterin beim Caritasverband für das Erzbistum in Paderborn. „Sie hätten wieder das Heft des Handelns in wirtschaftlichen Dingen in der Hand und erhielten eine Chance auf Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben.“ Letztendlich gelten 6,9 Millionen Menschen in Deutschland als überschuldet oder haben nachhaltige Zahlungsprobleme.

Von einer erfolgreichen Schuldnerberatung haben aber nicht nur die Schuldner einen Vorteil. Die Gläubiger profitieren, weil die Soziale Schuldnerberatung zwischen Gläubigern und Schuldnern vermittelt. Und auch für die öffentlichen Haushalte rechnet sich die Schuldnerberatung: „Verschuldete Menschen, die ihre Situation im Griff haben, haben verbesserte Berufsaussichten“, sagt Nolte. „Das senkt Sozialausgaben. Zugleich steigen Steuern und die Einnahmen der Sozialkassen.“

 

Info

Wie komplex Entschuldung sein kann, wird im neuen Beratungsflyer der Schuldnerberatung erklärt. Der Flyer mit weiteren hilfreichen Infos kann angefordert werden per E-Mail an: b.pachur@caritas-paderborn.de

Über das Thema „Überschuldung“ und Änderungsbedarf in der Gesetzgebung diskutieren am Mittwoch, 6. Juni, von 10.30 bis 12.30 Uhr, Fachleute der JobCenter und von Beratungsstellen im IN VIA St. Lioba Berufsförderzentrum in Paderborn (Am Rolandsbad 1).An diesem Gespräch nimmt auch Matthias Nolte teil.

 

Info

Schuldnerberatungsstellen in katholischer Trägerschaft

Insgesamt 22 Schuldnerberatungsstellen im Erzbistum Paderborn befinden sich in katholischer Trägerschaft, entweder bei örtlichen Caritasverbänden oder Fachverbänden der Caritas wie dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) oder Männer (SKM). 16 Beratungsstellen leisten auch Verbraucherinsolvenzberatung. Die Beratungsstellen finden sich in Bielefeld, Brilon, Büren, Detmold, Dortmund, Hagen, Hamm, Herford, Herne, Iserlohn, Minden, Olpe, Paderborn, Rheda-Wiedenbrück, Siegen, Soest und Werl.